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Radau


Herkunft und Verbreitung des Familiennamens "Radau"

Dieses Kapitel ist eine Zusammenfassung des Artikels "Die Radau. Herkunft und Verbreitung eines Familiennamens" veröffentlicht im Heft 2/1959 der Zeitschrift "Familie und Volk - Zeitschrift für Genealogie und Bevölkerungskunde". Es wurden nur einige wenige Informationen von mir hinzugefügt.

Der Familienname Radau ist ein Herkunftsname, d.h. er wurde abgeleitet von gleichlautenden Wasserläufen oder Ortsnamen, die in verschiedenen Gebieten Mitteleuropas auftraten, z.B.

  • im ostpreußischen Raum (das bei Braunsberg gelegene Dorf Radau)
  • im westpreußischen Raum (Radau bei Rheda, Kreis Neustadt, Regierungsbezirk Danzig; der westpreußische Ort Rohdau im Kreis Rosenberg; der Ort Radau's Höhe in Deutsch-Eylau)
  • im baltischen Raum (Kurland, Riga)
  • im bayerisch-schwäbischen Raum um Augsburg (ehemaliges Schloß Radau bei Augsburg)
  • im niedersächsischen Raum (der Bach "Radau" fließt durch Bad Harzburg; die Rodowe ist ein Zufluß der Jeetze; einige Ansiedlungen in der Nähe von Bad Harzburg, deren Name auf den Bach Radau zurückgehen, z.B. die Radaumühle)
  • im schlesischen Raum mit dem angrenzenden Galizien und Böhmen (das Dorf Radau in Oberschlesien, Kreis Rosenberg; die Ortsgemeinde Radawa bei Jaroslau in Galizien; das Dorf Radawa bei Mühlhausen im Regierungsbezirk Budweis in Böhmen)

Die Radau-Ortsnamen (d.h. Bäche und Dörfer mit dem Namen Radau) sind - soweit nachweisbar - bereits im Frühmittelalter belegt und voneinander unabhängig entstanden. Auch die etymologische Wurzel der Radau-Ortsnamen dürfte von Fall zu Fall verschieden sein, z.B. in Ostpreußen aus dem Prussischen oder im weiteren Osten aus den slawischen Grundformen.

Die Prussen waren die "Ureinwohner" Ostpreußens, bevor das Land vom Deutschen Orden erobert wurde. Nicht zu verwechseln mit dem späteren Preußen.

In den folgenden Abschnitten wird nur auf die ostpreußische Herkunft des Namens Radau eingegangen, da meine Radau- Vorfahren aus Ostpreußen stammen.

Königsberg in Preußen ist (neben den süddeutschen Radauer) vor dem II. Weltkrieg mit 47 Namensträgern der bedeutendste Sammelpunkt der ostpreußischen Radau in ihrem Ursprungsgebiet. 1826-1850 wurde hier allein 25 Radau getraut.

Ein bedeutendes Zentrum wurde mit wachsender Industrialisierung und besonders mit der Reichsgründung Berlin (33 mal), das schon früh eine starke Anziehungskraft auf die östlichen Gebiete Preußens ausübte. Es ist naheliegend, daß von hier aus Ausstrahlungen, die durch vereinzelte Namensvorkommen in Magdeburg, Leipzig, Dresden belegt sind, gegeben waren und sogar bis Breslau gingen. Im Adreßbuch von Dresden sind im Jahr 1833 beispielsweise noch keine Vorkommen des Familiennamens Radau verzeichnet.

In Ostpreußen ist nur das 5 km von Braunsberg entfernte Dorf Radau, Kreis Heiligenbeil, zu beachten, das allerdings höchstwahrscheinlich der Ursprungsort der meisten heute lebenden Namensträger ist. Das darf man wohl aus der starken Verbreitung der Radau in dieser Gegend schließen. Urkundlich ist dieser kleine Ort (im Jahr 1437 und 1575 nur 12,5 Hufen, 1817 waren es 7 Haushaltungen mit 34 Einwohner), der um 1350 entstanden sein dürfte, 1372 erstmals als Rodow erwähnt. Fest steht wohl, daß der 1372 in der Altstadt von Braunsberg verzeichnete Neubürger "de Rodow" aus dem Radau im Kreise Heiligenbeil stammt.

Als Hufe wird ein Ackerstück bezeichnet, das für eine Familie ausreicht und von ihr bewirtschaftet wird. Die Größe des Ackers beträgt ca. 20-40 Morgen, wobei ein Morgen ursprünglich die Größe eines Ackers ist, der an einem Morgen umgepflügt werden konnte. Die Größe eines Morgens beträgt durchschnittlich 3000 qm; variiert aber je nach Gegend.

Ein früher in Ostpreußen begütertes Adelsgeschlecht dieses Namens, das sich nach dem ersten Gut "Radau von Anglitten" nannte, besaß die Güter

  • Anglitten unweit Friedland
  • Koppeln im Kreise Preußisch-Holland
  • Warnichen im Kreise Fischhausen.

Außerdem sind eine Reihe bürgerlicher und bäuerlicher Vorkommen des Familiennamens Radau in Ostpreußen bekannt. Für unsere Familie ist möglicherweise der Dorfschullehrer Karl Radau interessant, der am 10./21.12.1759 von Friedrichstein kommend zum Organisten in Königsberg gewählt wurde.

Es ist naheliegend und theoretisch auch in Erwägung zu ziehen, ob der Familienname Radau u.a. nicht als Übername aufgefaßt werden könnte, da der Wortstamm entsprechende Eigenschaften zum Ausdruck bringt. So könnte

  • das althochdeutsche rat = schnell
  • das litauisch-prussische raudas = rotbraun
  • das slawische rad = froh oder rada = Rat

zu dieser Annahme führen. In der (heutigen) Litauischen Sprache ist "radau" ein Verb und bedeutet "(ich) habe gefunden" bzw. "(ich) fand". - Die Tatsache aber, daß entsprechende Gewässer- und Ortsnamen schon sehr früh belegt sind, legt die Deutung des Namens Radau als Herkunftsname nahe, jedenfalls für die Vorkommen im mitteldeutschen und ehemals prussischen Raum. Eine eindeutige Erklärung wird aus wohl naheliegenden Gründen sehr schwer sein. Doch nehmen die meisten Forscher wohl an, daß eine unmittelbare Ableitung des Familiennamens von einem Eigenschaftswort nach Lage der Dinge wenig wahrscheinlich ist.